TEIL II
NACHTRÄGE
Zu Seite 25
("...für die es eine Energieverschwendung wäre (Selektionsnachteil), weiterhin komplizierte, aber im wesentlichen unbrauchbare Strukturen aufzubauen."): Details zur Degeneration im Organismenreich, auch neutraler Abbau vgl. LÖNNIG (1988): ARTBEGRIFF, EVOLUTION UND SCHÖPFUNG.
Zu Seite 44
("Wenn dieses "offenen Bekenntnis" auch ein ehrliches wäre, hätte sich Darwin die weitere Arbeit sparen können. So bleibt nur der rhetorische Schachzug..."): Diesen Punkt möchte ich wie folgt korrigieren: Es handelt sich hier nicht nur um Rhetorik. Ich schließe mich den Kommentatoren an, die der Auffassung sind, dass Darwin hier wirklich ein Problem gesehen hat.
So schreibt z.B. Fleischmann 1903, p. 322:
Darwin leitet den Abschnitt mit bescheidenen Worten unter Anerkennung der Schwierigkeit seiner Vermutung ein:...
Salvini-Plawen und Mayr nehmen folgendermaßen auf Darwins Einleitung Bezug (1977, pp. 207/208):
That the eye would be the most obvious candidate for the testing of the theory of natural selection was perfectly clear to Darwin. To make the assumption, "that the eye, with all its inimitable contrivances for adjusting the focus to different distances, for admitting different amounts of light, and for the correction of spherical and chromatic aberration, could have been formed by natural selection seems, I freely confess, absurd in the highest possible degree" (1859, p. 186). But then Darwin continues by presenting quite convincingly his evidence that this nevertheless seems to have been the case.
Konnte er aber seine Zweifel wirklich ausräumen? Die Autoren fahren fort:
In his correspondence, Darwin was by no means as confident as he was in the Origin. In February 1860 he wrote to Asa Gray, "The eye to this day gives me a cold shudder, but when I think of the fine known gradations, my reason tells me I ought to conquer the cold shudder" (Darwin, 1888, p. 273).
- So wird deutlich, dass Darwin von seiner eigenen Erklärung in der Origin nicht recht überzeugt war, und er empfindet die Anwendung der Selektionstheorie auf die Entstehung des Auges immer wieder als "absurd in the highest degree" .Er versucht dann auch wiederholt, diese Empfindung mit den morphologischen Serien beim Auge zu beruhigen bzw. zu unterdrücken - zu Unrecht, wie ich meine (siehe auch Ambrose 1982 und Lima-de-Faria 1988).
Lovtrup hat sich ebenfalls mit Darwins Kapitel zur Entstehung des Auges beschäftigt. Er schreibt (1987, pp. 129/130) nach einigen Zitaten aus Darwins Erklärungsversuch (den wir oben voll wiedergegeben haben):
In this quotation I have excluded all the empirical evidence which Darwin mobilised to support his stand. This seems justified...because each of the 'fine gradations' discussed by him is separated from the nearest ones by steps which are larger than anything a Macromutationist would ever insist on.* And I do not think that his 'facts' ever convinced any of his opponents, which are dismissed as 'vox populi', as opposed to his own 'vox Dei'. In fact, I am not sure he convinced himself; the circumstance that he, contrary to habit, repeatedly appeals to reason seems to suggest this.
Der Witz an der Sache Darwins ist dabei, dass er laufend die Vernunft anruft, ohne vernünftige Gründe dafür nennen zu können (Details vgl. pp. 43 - 63).
Zu Seite 57, Absatz V schrieb Fleischmann schon im Jahre 1903, pp. 329/330:
Sie müssen eine Zeichnung nach dieser Vorschrift entwerfen, um sich die Abenteuerlichkeit derselben ad oculus zu demonstrieren. Darwin selbst ist in heller Verzweiflung, wie sich aus dem Wahnbilde ein Sehwerkzeug herausgestalten könne, und besiegelt seinen Irrtum, indem er ein abstraktes Wesen, eine Kraft, gleich einem Deus ex machina aus der Versenkung heraufbeschwört: (Die natürliche Zuchtwahl.)
(Kursiv im Original vom Verfasser gesperrt.)
Salvini-Plawen und Mayr meinen 1977, p. 253:
A selection for lenses, to offer one example, can be successful only when there is variation in the thickness of membranes, and a localization of such differences. The polyphyletic origin of lenses, and of other eye components, indicates that such variation must have always been abundantly available, as Darwin had postulated long ago. At the same time, so much variation in such a vital organ as the eye has always seemed somewhat unexpected.*
Man setze "die Evolution" als Tatsache voraus und staune, wohin das führt!
*Von mir unterstrichen.