NI
"So the contraction of the iris and the muscular movements of the eye are neither of them essential to vision,.."
"So sind weder die Kontraktion der Iris noch die Muskelbewegung des Auges für das Sehen wesentlich,.."
In diesem Fall dürfte man wohl fragen, warum die Selektion solche ungeheuer komplizierten (und doch zugleich unwesentlichen?) Strukturen in, wie man annimmt, Millionen Jahre währender Verbesserungsarbeit überhaupt entwickelt. Die Aussage Darwins ist schlicht falsch: Wer nur noch "geradeaus" sehen kann mit weit geöffneter Iris, dürfte, wenn die Netzhaut lichtempfindlich sein soll, bei vollem Sonnen- oder auch nur Tageslicht schon in kurzer Zeit einen großen Teil seiner Sehfähigkeit einbüßen, wenn er nicht schon vorher wegen mangelnder Reaktionsfähigkeit "unter die Räder" kommt.
K.E. Graebner bemerkt nach Beschreibung der Augenmuskeln (1969, pp. 40/41):
Eine derart gekonnte Augenmuskelversorgung zeigt schon, welche Bedeutung den Augenmuskeln zukommt. Sie gehören zu den raschesten und exaktesten Bewegungen des Körpers. Ein eigens vom Großhirn kontrolliertes Steuerungszentrum im Mittelhirn (Koadaptationsphänomen!) sorgt für die laufende Koordination der Bewegungen, denn ständig müssen die optischen Achsen beider Augen auf das fixierte Objekt gerichtet bleiben, ganz gleich, ob sich dieses, der Betrachter oder sogar alle beide bewegen...Der Augenmuskelkontrollkomputer - wenn man so sagen darf - im Mittelhirn ergibt ungeachtet aller Kopf- und Körperbewegungen stets ein Bild der Umwelt, das ruhig und senkrecht dasteht.55)
(Vgl. auch H. Davson (Ed.): THE EYE; Vol. 4: MUSCULAR MECHANISMS; 1969, 398 Seiten)
Für den normalen Sehakt ist ein äußerst feines Zusammenspiel aller Augenmuskeln erforderlich. Schon geringe Lähmungen einzelner Augenmuskeln stören das Gleichgewicht und werden subjektiv als Doppelsehen registriert. ...Die Kerne der Augenmuskelnerven sind durch das mediale Längsbündel miteinander verbunden. Damit die Augen eine bestimmte Blickrichtung einnehmen können, müssen jeweils verschiedene Augenmuskeln synergistisch wirksam werden. Ein Blick nach rechts beispielsweise setzt voraus, daß am rechten Auge der M. rectus lateralis über den N. abducens, am linken Auge der M. rectus internus über den N. oculomotorius innerviert wird. Für die Koordination dieser konjugierten Blickmotorik ist ein der Formatio reticularis des Hirnstammes zugehöriges Zellgebiet verantwortlich. Es erhält Informationen vornehmlich vom zerebralen Kortex, vom Zerebellum und vom Vestibularapparat. Läsionen innerhalb dieses integrierenden retikulären Systems führen nicht zu Lähmungen einzelner Augenmuskeln, sondern zu Blickparesen, die dadurch charakterisiert sind, daß beide Augen unfähig sind, eine bestimmte Blickrichtung einzuschlagen. Dabei kann es sich um vertikale oder horizontale Blickparesen handeln. Ein besonders wertvolles (diagnostisches) Zeichen ist das Parinaud-Syndrom mit der Kombination einer vertikalen Blickparese und einer Konvergenzlähmung der Augen. Es findet sich bei Schädigungen im Bereich der Mittelhirnhaube.56)
(Aus D. Soyka: KURZLEHRBUCH DER KLINISCHEN NEUROLOGIE 1973, pp. 11, 13; dort weitere Einzelheiten)
Die Darwinisten müssen annehmen, dass Muskulatur samt Innervation und Kontrollstationen im Gehirn durch Hunderte und Tausende kleiner zufälliger Abänderungen in jedem Stadium ihrer Bildung und Weiterbildung sich jeweils genau entsprachen.
NII
(Vgl. Weiterführung des Satzes unter Punkt NI) "...but only improvements which might have been added and perfected at any stage of the construction of the instrument.""
"...sondern nur Verbesserungen, die in jedem Bildungsstadium des Instruments hinzugefügt und vervollkommnet werden können.""
Eine Netzhaut, die anfängt, sinnvoll Lichtreize zu verarbeiten, bleibt dennoch biologisch sinnlos, wenn die entsprechenden Gehirnzentren nicht in der Lage sind, die von der Netzhaut kommenden Daten zu entziffern und zu verarbeiten.
Pierre Paul Grassé, der große französische Biologe, hat den Gedanken (1973, p. 123) so formuliert:
Gleichzeitig mit den Mutationen, die das Auge formten, mußten andere die Hinterhauptlappen mit den Sehzentren ausbilden. Die gestreifte Zone dieser Lappen in beiden Hemisphären entspricht anatomisch und physiologisch der Netzhaut. Die Evolution beider mußte notwendigerweise gekoppelt und gleichzeitig mit ihrer Verbindung in den Zentralwindungen erfolgen, sonst hätte das Ganze nicht funktionieren können.57)
Zuvor weist er noch daraufhin, dass es sich hier nicht um einige wenige, sondern um "Tausende und abertausende" von Mutationen handeln würde. Linear ist Darwins Sache (unter Vernachlässigung der experimentell gesicherten "Qualität" der Mutationen; vgl. p.14 ff.) "vorstellbar", als ein Netzwerk von Koadaptationen (sich gegenseitig bedingender Wechselbeziehungen und Rückkoppelungen; - vgl. die "Symphonie" auf p. 30) nicht.
Verbessert müsste der ganze oben zitierte Darwin-Wallace-Text wie folgt heißen:
Wer soweit gehen will, der sollte, wenn er nach der Lektüre der Origin findet, dass eine Menge sonst verständlicher Tatsachen durch die natürliche Zuchtwahl unerklärlich wird, auch noch einen Schritt weitergehen und annehmen, dass auf dieselbe fragwürdige Weise niemals ein so vollkommenes Instrument wie das Auge eines Adlers gebildet werden könnte, zumal hier kontinuierliche Übergangsstufen kaum wahrscheinlich sind. Um das Auge zu modifizieren und doch als vollkommenes Instrument zu erhalten, hat man richtigerweise gesagt, hätten viele Veränderungen gleichzeitig erfolgen müssen, was die natürliche Zuchtwahl nicht zu vollbringen vermochte, weil eine Neubildung von Strukturen autonom vonstatten gehen müsste und ein Selektionswert erst darauf folgend zu diskutieren wäre. Das Studium über das Variieren der Haustiere ist für unsere Frage völlig irrelevant, weil hier zwar eine ganze Menge Organrückbildungen mit allen damit verbundenen Störungen auftreten, nicht aber die Neubildung von Organen. Auch sind einzelne Organhypertrophien nicht mit der Bildung völlig neuer Strukturen zu verwechseln. Wallace' Meinung von der isolierten Weiterbildung einzelner Strukturen eines Organs geht völlig an den Tatsachen vorbei, weil dabei weder die mathematisch zu erwartende und entsprechend auch allgemein festgestellte mangelnde Qualität zufälliger Veränderungen noch das Koadaptationsproblem berücksichtigt wird. Sowohl die Kontraktion der Iris als auch die Muskelbewegung des Auges sind für das Sehen wesentlich. Organverbesserungen wären nur korrelativ unter Einbeziehung des gesamten Organismus mit seiner spezifischen Innenwelt und Umwelt sinnvoll.
O
"Within the highest division of the animal kingdom, namely the Vertebrata, we can start from an eye so simple, that it consists, as in the lancelet, of a little sack of transparent skin, furnished with a nerve and lined with pigment, but destitute of any other apparatus."
"Bei der höchsten Abteilung des Tierreichs, bei den Wirbeltieren, können wir von einem höchst einfachen Auge ausgehen, nämlich von dem des Amphioxus, das nur aus einer mit einem Nerv versehenen und mit Pigment bekleideten Einstülpung der durchsichtigen Haut besteht, ohne sonstigen Apparat."
Die Hessischen Organe sind spezielle Bildungen des Rückenmarks und sind den Lichtsinnesorganen der Wirbeltiere nicht homolog, d.h. selbst die Abstammungstheoretiker halten diese Strukturen nicht für Vorläufer der Augen der Wirbeltiere. Im Übrigen rechnen wir heute das Lanzettfischchen zu der Gruppe der Acrania, nicht der Wirbeltiere. (Vgl. A. Portmann 1969, pp. 32, 68 u. 153)58)
P
"In the fishes and reptiles, as Owen has remarked, "the range of gradations of dioptric structures is very great."
"Bei Fischen und Reptilien ist, wie Owen sagt, "die Reihe der Abstufungen der Sehwerkzeuge sehr groß."
Nicht erwähnt wird dabei die Tatsache, dass im Verhältnis zu den tausend Zwischenstufen, die wir nach der Idee einer kontinuierlichen Entwicklung in der Reihe hin zum Wirbeltierauge erwarten könnten, praktisch sämtliche Bindeglieder zwischen einem "primitiven" Lichtsinnesorgan wie bei Amphioxus (das einzig wirklich undifferenzierte ist ausgerechnet nicht als Vorstadium zu betrachten) und der "einfachsten Organisationsstufe der Neunaugen" (vgl. p. 29) fehlen! Verglichen mit dem, was fehlt, ist die Reihe der Abstufungen der Sehwerkzeuge bei 'Fischen und Reptilien' verhältnismäßig gering.
Q
"It is a significant fact that even in man°, according to the high authority of Virchow, the beautiful crystalline lens is formed in the embryo by an accumulation of epidermic cells, lying in a sack-like fold of the skin; and the vitreous body is formed from embryonic subcutaneous tissue."
"Es ist bezeichnend, daß nach Virchows autoritativer Angabe selbst beim Menschen die schöne Kristallinse des Embryos aus einer Anhäufung von Epidermiszellen gebildet ist, die in einer sackartigen Hauteinstülpung liegen, während der Glaskörper aus embryonalen Unterhautgeweben hervorgeht."
Welche Schwierigkeiten (statt eines Argumentes) für die Theorie mit der Linsenbildung des Wirbeltierauges verbunden sind, hat der Leser auf den Seiten 28 - 30 der vorliegenden Arbeit erfahren. Es ist wieder das Koadaptationsproblem, das den Darwinismus in größte Verlegenheit bringt!
°Dieses "even in man" rechtfertigt Neumanns Übersetzung in 55 0: "..Einstülpung der durchsichtigen Haut.." Bei Amphioxus stimmt dies jedoch nicht!
R
"To arrive, however, at a just conclusion regarding the formation of the eye, with all its marvellous yet not absolutely perfect characters, it is indispensable that the reason should conquer the imagination;"
"Um jedoch hinsichtlich der Bildung des Auges mit all seinen wunderbaren, wenn auch nicht vollkommenen° Eigenschaften zu einem richtigen Schluß zu gelangen, ist es nötig, daß die Phantasie dem Verstande das Feld räumt."*
Man verzeihe mir, wenn ich im Folgenden einen etwas schärferen Ton anschlage: Jetzt phantasiert Darwin schon drei Seiten lang ("so fällt es uns nicht schwer zu glauben"; "Wer soweit gehen will, der kann...auch noch einen Schritt weiter gehen und annehmen,.."), beruft sich dabei auf andere Teile seiner Arbeit ohne uns auch nur einen einzigen Beweis vorzulegen, simplifiziert, versucht Klippen zu umschiffen, indem er Tatsachen weglässt, sieht das Korrelationsphänomen nicht (das ja spätestens seit Cuvier bekannt war) und nun soll zu guter Letzt, im Sinne der Theorie, "die Phantasie dem Verstande das Feld räumen"!
Wir haben zum Leser das feste Vertrauen, dass er diesen erneuten 'Umwertungsversuch', dass er die Evolutionsphantasie zu durchschauen vermag und dass er die Wertung: Darwins Theorie = Vernunft, - alle biologischen Tatsachen, die dagegen sprechen (Koadaptation, Komplexität etc.) = Phantasie, als wissenschaftsfremde Philosophie erkennen kann.
°Helmholtzens "berühmter" Satz ist angesichts der inzwischen erforschten biologischen Komplexität nur noch als Kuriosum zu bezeichnen.
*Losgelöst aus dem Zusammenhang von Darwins Äußerungen, ist der Satz richtig.
S
"but I have felt the difficulty far too keenly to be surprised at others hesitating to extend the principle of natural selection to so startling a length."
"Ich habe selbst die Schwierigkeit zu stark empfunden, als daß ich überrascht sein könnte, wenn andere zögern, das Prinzip der natürlichen Zuchtwahl so erstaunlich weit auszudehnen."
Selbst der immer noch zweifelnde Leser muss sich verstanden fühlen: So führt man ihn ein Stück näher an die Sache. Und das wäre ja auch gar nicht verkehrt, wenn die notwendigen Beweise tatsächlich auf der Hand lägen.
T
"It is scarcely possible to avoid comparing the eye with a telescope. We know that this instrument has been perfected by the long-continued efforts of the highest human intellects; and we naturally infer that the eye has been formed by a somewhat analogous process."
"Man kann nicht umhin, das Auge mit einem Teleskop zu vergleichen. Wir wissen, daß dieses Instrument durch lange fortgesetzte Bemühungen der höchsten menschlichen Intelligenz vervollkommnet wurde, und wir folgern natürlich daraus, daß das Auge durch einen ähnlichen Vorgang entstanden ist."
Das ist - im Gegensatz zu Darwins Philosophie - zumindest ein an der Erfahrung orientierter Ansatz! (Apparate entstehen nicht von selbst.) Die menschliche "Vervollkommnung von Apparaten" allerdings ist nicht mit Darwins Missverständnis von der Vervollkommnung von Organen gleichzusetzen.
U
"But may not this inference be presumptuous? Have we any right to assume that the Creator works by intellectual powers like those of man?"
"Sollte aber diese Annahme nicht voreilig (presumptuous: eigtl. anmaßend) sein? Haben wir ein Recht anzunehmen, daß der Schöpfer ähnlich intellektuell wirkt wie der Mensch?"
Mit solchen rhetorischen Fragen kann man nur "werten", den Versuch machen, einen gezielten Eindruck beim Leser zu hinterlassen - klären kann man damit nichts. An der Umkehrung der Frage sei dies verdeutlicht: "Sollte aber die Annahme voreilig (oder gar anmaßend) sein, dass der Schöpfer ähnlich planmäßig vorgeht wie der Mensch, wenn doch der Mensch im Bilde Gottes erschaffen worden ist?" Korrekt muss die Frage lauten: Gibt es empirische Anhaltspunkte, dass Apparate auch ohne Intelligenz, Plan und Vorhaben entstehen können? Wenn nicht, sind wir dann nicht gezwungen, auch Bewusstsein, Intelligenz und Planmäßigkeit für die Entstehung des Auges anzunehmen? So gestellt lässt sich die Frage empirisch untersuchen (vgl. S. 34 - 39).
V
"If we must compare° the eye to an optical instrument, we ought in imagination to take a thick layer of transparent tissue, with spaces filled with fluid, and with a nerve sensitive to light beneath, and then suppose every part of this layer to be continually changing slowly in density, so as to separate into layers of different densities and thicknesses, placed at different distances from each other, and with the surfaces of each layer slowly changing in form."
"Vergleichen° wir das Auge mit einem optischen Instrument, so müssen wir uns in Gedanken eine dicke Schicht durchsichtigen Gewebes vorstellen, mit von Flüssigkeit erfüllten Räumen und einem lichtempfindlichen Nerven darunter, und weiter annehmen, daß jeder Teil dieser Schicht unausgesetzt und langsam seine Dichtigkeit verändert, so daß sie sich zu Lagen von verschiedener Dichtigkeit und Dicke in ungleichem Abstand sondern, und daß auch die Oberfläche jeder Lage langsam ihre Form wechselt."
°Eigl.: "Wenn wir..vergleichen müssen,.." In 56 T lasen wir: "It is scarcely possible to avoid comparing.." Dieser Vergleich ist Darwin schon unangenehm!
Wenn das Bild, das uns das Auge liefert, so ineinander verschwimmen würde, wie nach Darwins Vorstellung die Strukturen des Auges, dann hätte der Leser wohl einige Schwierigkeiten mit dem Entziffern der vorliegenden Zeilen. Damit taucht nun wieder die schon ausführlich behandelte Idee der "absoluten Variation" (vgl. Zitate H. Nilsson und D. Einhorn) auf, die angesichts der empirischen Tatsachen nicht länger haltbar ist. Die verschiedenen pathologischen Veränderungen (vgl. p. 13 oben) stehen dabei nicht zur Debatte; denn dass als Resultat solcher Störungen eine "Vervollkommnung" erzielt wird, ist nicht zu erwarten.
Wie Darwins weitere Ausführungen zeigen, will er auch mit diesem Vergleich auf die Entstehung des Auges hinaus, wobei er nun wieder das voraussetzt ("dicke Schicht durchsichtigen Gewebes", "mit Flüssigkeit erfüllten Räumen und einem lichtempfindlichen Nerven darunter"), was er erklären soll.
Vorhin (vgl. p. 53) stellte Darwin mit Wallace über die Linse z.B. fest, dass "jede Zunahme der Regelmäßigkeit ihrer Krümmung eine Verbesserung" sei (was natürlich so richtig ist wie etwa die Behauptung, dass jede Zunahme an Helligkeit des Fells für den Schimmel eine Vervollkommnung sei). Was aber, wenn nun all die anderen Strukturen richtungslos weiter variieren, wie der obige Darwin-Text besagt? Selbst wenn wir einmal annehmen, eine Linse werde entgegen allen empirischen Tatsachen Darwin zuliebe durch zufällige Abänderungen Schritt für Schritt verbessert - währenddessen variieren aber Form und Dichtigkeit von Cornea, Kammerwasser der vorderen und hinteren Augenkammer und der Glaskörper ("spaces filled with fluid") und dazu noch sämtliche Strukturen der Netzhaut, der Aderhaut etc. - Sehnerv und Gehirnstrukturen nicht zu vergessen - völlig richtungslos weiter! Wenn unsere Linse endlich eine (für eine Linse) einigermaßen zufriedenstellende Form erreicht hat, stört die Form der Cornea, ist die Brechung des Kammerwassers zu stark und dergleichen mehr, und die Brennweite passt nicht - von all den übrigen nicht zusammenpassenden Strukturen, die sowieso noch nicht darauf vorbereitet sind, ein klares Bild zu verarbeiten, einmal abgesehen! Kurz: Wie soll das Ganze bei dieser Methode am Ende zusammenpassen? Hier Darwins Antwort:
W
"further we must suppose that there is a power, represented by natural selection or the survival of the fittest, always intently watching each slight alteration in the transparent layers; and carefully preserving each which, under variied circumstances, in any way or in any degree, tends to produce a distincter image."
"ferner müssen wir uns denken, daß es eine Kraft gibt, die natürliche Zuchtwahl oder Überleben des Tüchtigsten heißt und die aufmerksam jede geringe Veränderung der durchsichtigen Lagen beobachtet und sorgsam jede erhält, die unter den veränderten Umständen irgendwie ein genaueres Bild hervorzubringen vermag."
Die natürliche Zuchtwahl wird ja hier fast mit göttlicher Allwissenheit gleichgesetzt ("intently watching each slight alteration"; "carefully preserving each which..in any way or in any degree tends to produce a distincter image".)"
Ist dieser Glaube an die absolute Wirksamkeit der Selektion gerechtfertigt? Tatsachen (Science Digest, Jan. 1961, pp. 61 - 63):
Von 120 000 befruchteten Eiern des Laubfrosches überleben nur zwei Individuen. Sollen wir annehmen, daß diese beiden Frösche von 120 000 durch die Natur ausgewählt wurden, weil sie die tüchtigsten gewesen seien; oder vielmehr.., daß die natürliche Auslese nichts anderes als eine blinde Mortalität ist, die gar nichts ausliest?
Das ist das andere Extrem; die Wahrheit liegt gewöhnlich dazwischen. Gegen eine Verabsolutierung der Selektion im Darwin'schen Sinne gibt es zahlreiche Beispiele, die seit Darwins Zeit in Hunderten von Arbeiten gesammelt und publiziert worden sind. Ein paar Arbeitsgebiete seien hier genannt:
1.
Selektionstheoretisch neutrale Strukturen. ("Betrachten wir nur einmal die Vielfalt der Blattformen: Welchen Vorteil sollte eine Pflanze mit ganzrandigen Blättern gegenüber einer mit gezähnten oder eine Pflanze mit gezähnten gegenüber einer mit gesägten oder doppelt gesägten Blättern usw. haben?" (W.-E. Lönnig 1971, p. 35) - Eine Antwort ist mir bisher jeder Selektionstheoretiker schuldig geblieben! Dutzende von Beispielen ähnlicher Art in den Arbeiten K. Goebels, W. Trolls, St. Vogels u.v.a.)59)
2.
Organhypertrophien, "Luxusbildungen", in der Natur. (Riesige Geweihe (Elche), Zähne (Säbelzahntiger) etc. - R. Nachtwey bringt in seinem Buch DER IRRWEG DES DARWINISMUS60) dafür eine Reihe von Beispielen. Die natürliche Zuchtwahl hätte bei den betroffenen Tieren die Weiterbildung solcher Strukturen spätestens vor dem Aussterben solcher Tiere abbrechen müssen.)
3.
Primäre Zweckmäßigkeit. (Wolffs Regenerationsbeispiele, Verhalten der Erbsenkäferlarve - Einzelheiten bei Wolff, Uexküll und Kuhn61)) und "fremddienliche Zweckmäßigkeit" (Gallbildungen der Pflanzen; E. Becher62) u.a.)
"Die Behauptung, gewisse Eigenschaften seien durch Selektion erklärt, ist ebenso naiv, wie wenn jemand auf die Frage, warum ein Baum Blätter habe, antworten wollte, weil sie der Gärtner nicht abgeschnitten hat (Nägeli). Selektion setzt also erst da ein, wo nützliche und schädliche Varianten schon vorhanden sind, erklärt diese aber nicht...Bei einem Eisenbahnunglück wird nicht derjenige überleben, der die stärksten Knochen hat, sondern der den günstigsten Sitz einnimmt." (Zitiert nach Kuhn)63)
Nach Aufführung verschiedener Beispiele (Verlauf der Laubblattnervatur, Vielfalt der Gestalt bei Desmidiaceen und Diatomeen) folgert der Göttinger Botaniker E. Pringsheim (1970, p. 398):
Diese und ähnliche Erscheinungen bedeuten eine starke Einschränkung des Darwinschen Gesichtspunktes der Artentstehung.64)
Müssen wir also wirklich denken, dass die natürliche Selektion eine solche absolute Kraft ist?°
°Vgl. auch Salomo: Prediger 9:11 und Jesus: Matthäus 13:1-9
X
"We must suppose each new state of the instrument to be multiplied by the million; each to be preserved until a better one is produced, and then the old ones to be all destroyed."
"Wir müssen annehmen, daß jeder neue Zustand des Instruments millionenfach vervielfältigt und daß jede Modifikation so lange erhalten wird, bis eine bessere hervorgebracht ist, daß dann aber alle alten zerstört werden."
Praktisch jeder durch zufällige Abänderungen des Erbguts entstandene "neue" Zustand eines Organs oder Organsystems ist nach mutationsgenetischen Erkenntnissen und Erfahrungen auch der differenzierungsmäßig schlechtere Zustand* (Vgl. Zitat Remane/Storch/Welsch p. 43; Frage nach der Wahrscheinlichkeit positiver Mutationen pp. 14 - 19; Spezialfragen im Pflanzenreich ausführlich bei H. Nilsson), der damit dazu tendiert, millionenfach ausgemerzt zu werden.
*Entstehung neuer Gene auch nicht durch die Ausnahme der Polyploidie (Verdopplung bzw. Vervielfachung bereits vorhandener Gene).
"..alle alten zerstört..": Woher stammt dann die abgestufte Mannigfaltigkeit innerhalb verschiedener Klassen? Warum gibt es dann heute noch so viele Differenzierungsstufen des Auges bei den verschiedenen Tierformen?
Y
"In living bodies, variation will cause the slight alterations, generation will multiply them almost infinitely, and natural selection will pick out with unerring skill each improvement."
"Die Variation bringt diese geringen Abänderungen bei lebenden Körpern zuwege, die Fortpflanzung vervielfältigt sie fast ins Unendliche, und die natürliche Zuchtwahl liest mit unfehlbarer Geschicklichkeit jede Verbesserung aus."
"Variation" - im vorigen Satz war synonym von Modifikation die Rede: Die klare Trennlinie zwischen Modifikation und Mutation stammt erst von dem Genetiker Johannsen 1908. Richtig müsste Darwins Satz heute heißen:
Im Sinne des Mendel'schen Gesetzes ist die Variation zwar ungeheuer groß, aber begrenzt. Neubildung von Organen durch Mutationen sind unbekannt und unwahrscheinlich. Durch Fortpflanzung kann natürlich nur das zum Vorschein kommen, was im Erbgut bereits vorhanden war und ohne natürliche Zuchtwahl würde ein normaler Genpool durch Häufung rezessiv-negativer Mutationen zur Degeneration neigen. Inbrünstige Äußerungen zur neuschaffenden Wirksamkeit von Mutation und "unfehlbarer" Selektion sind Glaubenssache.
Z
"Let this process go on for millions of years; and during each year on millions of individuals of many kinds; and may we not believe that a living optical instrument might thus be formed as superior to one of glass, as the works of the Creator are to those of man?"
"Wenn man nun diesen Vorgang Millionen von Jahren dauern und während jedes Jahres an Millionen von Individuen verschiedener Arten sich fortsetzen läßt - wird man dann nicht glauben, daß ein lebendes optisches Instrument in demselben Maße vollkommener als ein gläsernes gestaltet werden kann, wie die Werke des Schöpfers vollkommener sind als die Werke des Menschen?"
Was der Vergleich mit den Werken des Schöpfers hier soll, dessen Wirksamkeit für die Entstehung des Lebens in den verschiedenen Differenzierungsstufen ja Darwin versucht, systematisch zu leugnen (und an welchen er gegen Ende seines Lebens auch nicht mehr glaubte), indem er eine den Tatsachen widersprechende Ersatzreligion mit den Göttern absoluter Variation und unfehlbarer Selektion erfindet, bleibt nun völlig unverständlich!
"- wird man dann nicht glauben,.." ("may we not believe that an..instrument might thus..") - So etwas (bzw. ähnliches) haben wir doch schon ein paarmal gehört ("so erscheint es denkbar.."; "so fällt es uns nicht schwer zu glauben.."; "Wer soweit gehen will, der kann...auch noch einen Schritt weitergehen und annehmen.."; "Ferner müssen wir uns denken, daß.."; Wir müssen annehmen.."). Müssen wir, die wir an dem tatsächlichen Geschehen auf unserer Erde und nicht an der Rechtfertigung von Charles Darwin interessiert sind, das wirklich alles?
Wie ungerechtfertigt die Verabsolutierung von Variation und Selektion ist, darüber haben wir ja schon einiges gehört. Bleibt noch das Spiel mit den Jahrmillionen, zu dem Andermann einmal nach gründlicher Untersuchung festgestellt hat, dass es im Grunde genommen von "vornherein eine faule Angelegenheit ist, wenn man zu "unendlich langen" Zeiträumen und zu einer unkontrollierbaren Vergangenheit Zuflucht nehmen muss. Wir sehen immer wieder denselben Versuch, logische Schwierigkeiten dadurch abzuschwächen, indem man das Problem verschiebt und sich auf die Wirkung der Zeit hinausredet."65)
M. Eden bemerkt zu demselben Punkt (Mathematical Challenges to the Neo-Darwinian Interpretation of Evolution; 1967, p. 8):
Die Länge der Zeit ist nur dann sachdienlich, wenn die Wahrscheinlichkeitsstruktur der Ereignisse und Veränderungen, die sich in dieser Zeit abspielen, ebenfalls bekannt ist.66)
Die Wahrscheinlichkeitsstruktur ist für unsere Fragen, wie die obigen Berechnungen (vgl. pp. 5 - 21) gezeigt haben, in seinen empirischen und mathematischen Grundlagen bekannt. Weder die Zeit noch die Individuenzahl können Darwins Theorie retten. Seine Ausführungen sind nichts weiter als eine ungemeine Spekulation mit (damals) mehreren Unbekannten, ein Glanz- und Meisterstück der Überredungskunst, bei dem - ganz im Sinne der Theorie - mit einer ganzen Serie kleiner (manchmal kaum merklicher) Schritte, "suggestions", Voraussetzungen, Möglichkeiten und Umwertungen gearbeitet wird. Ziel des Unternehmens ist die "Evolution" der Lesermeinung zum Glauben an die Theorie, wobei mit einer psychologischen Feinheit vorgegangen wird, die vielleicht einmalig in der Geschichte naturwissenschaftlicher Theorien dasteht. Aber diese Überredungskunst ist durchschaut und die Unbekannten sind inzwischen weitgehend empirisch klargestellt worden. Tatsächlich hat uns Darwin keinen einzigen Beweis vorgelegt, genauso wenig wie die Neodarwinisten das heute können.
In seinem Buch AUGE UND GEHIRN schreibt R.L. Gregory zu unserem Thema (1972, p. 25):
Das Entwicklungsproblem des Auges war durch die DARWINsche Theorie der natürlichen Auslese sehr schwer zu erklären. Beim Entwerfen eines neuen Instrumentes können wir mit völlig nutzlosen Modellen experimentieren. Das ist bei der natürlichen Auslese nicht möglich. Hier muß jeder Entwicklungsschritt Vorteile bringen, um über Generationen hindurch ausgewählt und fortgepflanzt zu werden. Was für einen Nutzen hat jedoch eine halbfertige Linse? Was für einen Sinn hat eine bilderzeugende Linse, wenn das Nervensystem die Netzhautbilder nicht interpretieren kann? Wie soll sich das visuelle Nervensystem differenzieren, bevor ein Auge vorhanden ist, durch das es mit Informationen versorgt wird?
Die Fragen sind eindeutig. Welchen Schluss zieht jedoch der Autor aus diesen Gegebenheiten?
Da es in der Entwicklung keinen Generalplan gibt, aufgrund dessen im Augenblick nutzlose Organe gebildet werden könnten, die erst später nach Ausbildung anderer Körperteile wichtig werden, müssen sich das menschliche Auge und Gehirn über eine lange Reihe enttäuschender Versuche und Irrtümer entwickelt haben.67)
Deutlicher kann man wohl den (Neo-)Darwinismus nicht ad absurdum führen: Das ist doch ein flagranter Schluss gegen die Tatsachen! Wenn es durch Versuch und Irrtum nun einmal wegen der bestehenden koadaptativen Verhältnisse (und anderer Faktoren mehr) nicht geht, dann muss logischerweise hinter dieser Entwicklung ein Generalplan° stehen, der - gemessen an der Komplexität von Auge und Gehirn - das, was wir bisher darunter verstanden haben, an Genialität und Verwirklichung alle menschlichen Pläne tausendfach übertrifft.
Wenn die Entwicklung im Rahmen der "erklärbaren kleinen Mutationen" bleiben soll, dann übertreiben wir sicher nicht, wenn wir annehmen, daß für die betrachtete Entwicklung nur etwa 100 kleine Schritte nötig waren. Wir wollen so weit gehen und annehmen, daß diese kleinen Mutationen physikalisch erklärbar sind...Wenn dies der Fall sein soll, dann müssen sie ungerichtet sein. In der Physik gibt es keine Zielrichtung bei mehreren aufeinander folgenden, aber voneinander unabhängigen Prozessen. Die aufeinander folgenden Mutationen liegen zeitlich auseinander und sind unabhängig voneinander, sonst hätten wir eine Makromutation vor uns. Wir nehmen ferner an, daß es in jedem Stadium für die folgende Mutation nur zwei Möglichkeiten gibt, von denen eine in die richtige Richtung zum [Auge] weist...Nach dem angenommenen Modell ist die Chance für [das Auge] für 100 Mutationsschritte 1 : 2100 Å 1 : 1030. Wenn jeden Tag (!) eine solche Mutation stattfinden würde und die Population etwa 1 Milliarde wäre, müßte das Universum 108 (100 Millionen!) mal seine ganze Entwicklungsgeschichte durchlaufen, bevor ein [einziges Auge]ensteht.68)
Nach Prof. W. Heitler 1975, p. 46 - für 'Archaeopteryx' habe ich hier 'Auge' eingesetzt: es trifft auf beides gleichermaßen zu!)
°Generalplan: Nicht speziell zur Bildung vorübergehend nutzloser Strukturen, sondern im Sinne eines Gesamt-Konzeptes der Intelligent Design-Theorie.
(Bewußt) nicht berücksichtigt ist in diesem Modell die mangelnde Qualität der Mutationen, das Koadaptationsproblem (das praktisch "Großmutationen" erfordern würde) und weiter, dass von "Vervollkommnung" (Begründung der Selektionswirkung) bei Beachtung der Umwelt und Innenwelt der Tiere gar nicht die Rede sein kann.
Der Aufbau von Informationen oder Programmen durch Zufallsvariation und Selektion hat sich bei Computern "spectacular unsuccessful" erwiesen, "even though the number of variants a computer can try easily runs into billions" (M. Eden und P.M. Schützenberger 1967, p. 11). - Alles, was die Neodarwinisten darauf antworten konnten, war (wörtlich): "We are not interested in your computers" (p. 77).69)°
An den Tatsachen orientiert, müsste Darwins oben zitierter abschließender Satz zum Thema Auge heute wie folgt lauten:
Wenn man nun zur Prüfung im Modell diesen Vorgang Millionen von Jahren dauern und während jedes Jahres an Millionen von Individuen verschiedener Arten sich fortsetzen lässt und dann immer noch feststellen muss, dass keine neuen Organe, geschweige denn Organsysteme entstehen - wird man dann nicht erkennen, dass ein lebendes optisches Instrument das Meisterwerk eines genialen Designers ist, wo doch schon die viel einfacheren Werke des Menschen besondere Intelligenz und Geist voraussetzen und die Werke des Designers vollkommener sind als die Werke des Menschen?
Vielleicht wird man gegen die vorliegende Beurteilung des Darwin'schen Textes einwenden, dass wir heute nach mehr als 110 Jahren intensivster biologischer und überhaupt wissenschaftlicher Forschung gut Reden haben können; denn über die Bedeutung der Variation (3. Mendel'sche Gesetz, Mutationen und Modifikation), die Bedingungen der Selektion (Thema Ökologie), die Wichtigkeit der Augenmuskeln, die kaum fassbare Komplexität organischer Strukturen und ihr genaues koadaptatives Zusammenspiel sowie ihr ontogenetisches Werden etc., war damals wenig - in manchen Fällen gar nichts bekannt.
Aber darum geht es nicht. Meine Kritik richtet sich gegen folgende zwei Punkte:
Den ersten hat ein Zeitgenosse Darwins, Prof. A. Wigand, so formuliert:
Nicht, daß Darwin die Ursache der Abänderungen usw. nicht anzugeben weiß, machen wir demselben zum Vorwurf, sondern daß er seine Theorie auf einem Gebiete versucht, über welches man eben nichts weiß. Wenn wir über den Zusammenhang der eigentümlichen Gestalt und Organisation der verschiedenen Pflanzen und Tiere mit deren individuellen Existenz fast völlig im Dunkeln sind, so ist es durchaus unberechtigt, auf diese Lücke in unserer Erkenntnis ein System bauen zu wollen.70)
Hinzuzufügen wäre noch: Und im Sinne der Theorie alle entgegenstehenden Tatsachen zu simplifizieren (Wenn man z.B. über die Bedeutung der Augenmuskeln nichts weiß, ist es einfach unwissenschaftlich zu behaupten, dass sie für "das Sehen nicht wesentlich" seien.) und ihre Grundannahmen (Variation und Selektion) zu verabsolutieren. Hier zeigt sich eine prinzipielle Tendenz der Theorie: Sie muss, um bestehen zu können, simplifizieren, aber sie geht damit an den biologischen Tatsachen vorbei. Die Intelligent Design-Theorie hingegen hat ihre helle Freude an der Kompliziertheit, an dem koadaptativen Zusammenspiel, an der Symphonie der Lebenserscheinungen. Sie braucht weder zu simplifizieren (von ihrem genialen Designer erwartet sie Meisterwerke) noch zu verabsolutieren (etwa dass der biologische Speziesbegriff mit der "Art" der Intelligent Design-Theorie identisch sei und dass es weder Mutation noch Selektion gäbe).
Zum zweiten Punkt: Ich halte es für materialistische Indoktrination, wenn man Darwins Text biologisch noch wenig geschulten Lesern empfiehlt, die - angesichts der noch geringen Kenntnisse biologischer Tatsachen und Zusammenhänge auf ein Darwin'sches Meisterstück der Überredungskunst fast mit Notwendigkeit hereinfallen müssen (Welcher dieser Leser bringt schon Detailkenntnisse zu den 'lamarckistischen' Anschauungen Darwins (Pangenesishypothese), zur Ontogenese von Amphioxus, zu den Aufgaben der Augenmuskulatur, zur Koadaptation ect. mit?) und das, weil sie dem kaum etwas entgegen setzen können, ihnen jedoch die Idee mit der suggestiven Kraft des begabten "Rhetorikers" eingeimpft wird, - Indoktrination, wenn man nicht gleichzeitig adäquate kritische Literatur dazu empfiehlt!
Nur unter Voraussetzung materialistischen Wunschdenkens wird schließlich verständlich, dass noch heute die Mehrzahl der Biologen - angesichts der inzwischen erforschten komplizierten biologischen Phänomene - weiterhin alles daransetzt, die Begriffe Variation (durch Mutation) und Selektion (mit Isolation) im Sinne der Idee zu verabsolutieren und - genau wie Darwin - bei der "Beweisführung" der Theorie die entscheidenden Gegenargumente systematisch übersieht oder herabmindert, indem man als geeignetste Methode immer noch dazu neigt, "linear zu simplifizieren" (vgl. Prof. Rensch-Zitat pp. 23/24) und zur Vermittlung der Idee generell und weltweit Darwins Origin als wichtigen Literaturhinweis empfiehlt.
Wie meint doch K. Lorenz (1975, p. 31):
In der Geschichte menschlichen Wissensfortschrittes hat sich noch nie die von einem einzigen Manne aufgestellte Lehre unter dem Kreuzfeuer von Tausenden unabhängiger und von den verschiedensten Richtungen her angestellten Proben so restlos als wahr erwiesen wie die Abstammungslehre Charles Darwins. Mehr als je gilt von ihr heute, was Otto zur Strassen vor mehr als vierzig Jahren in seiner Einführung zum "Neuen Brehm" über sie schrieb: "Alles uns jetzt Bekannte fügt sich ihr zwanglos ein, nichts spricht gegen sie."71)
Wie die biologischen Tatsachen dagegen aussehen, möchte die auf den nächsten Seiten folgende Zusammenfassung noch einmal verdeutlichen.
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°Im Gegensatz dazu zitiert man derzeit recht gern einige mathematische Ansätze, die die Evolutionstheorie beweisen sollen, so dass es einmal notwendig ist, hier einige - wie mir scheint - Missverständnisse zu klären.
1) In den meisten dieser Ansätze wird der Begriff "Evolution" in einem anderen, engeren Sinne als in der vorliegenden Schrift gebraucht. So definieren W. Köhler und H.-J. Belitz (Berlin) in ihrem Beitrag COMPUTER IN DER GENETIK (Naturw. Rdsch., Heft 8, 1976, p. 263): "Wenn wir akzeptieren, dass die Evolution im allgemeinen Sinne der Genetik nichts anderes als Genfrequenzänderungen beinhaltet, so können wir diese mathematisch darstellen und darüber hinaus die Wirkungsweise der Evolutionsfaktoren untersuchen. Diese Faktoren lassen sich am einfachsten anhand des Hardy-Weinberg-Gesetzes darstellen." In unserer Besprechung, wie im Grunde genommen auch bei Darwin und anderswo, geht es jedoch beim Evolutionsbegriff nicht um die Verteilungshäufigkeit schon vorhandener Faktoren, Gene (Johannsen 1908), sondern um die Neubildung von Genen, um die Neudifferenzierung von Strukturen, die Entstehung neuer Organe und Organsysteme, um den Ursprung der Synorganisation auf allen Ebenen. Dieses ganze Gebiet wird natürlich mit Genfrequenzänderungen überhaupt nicht erfasst. Wenn es beim Thema Evolution nur um Veränderungen der Gen-Häufigkeit ginge, wäre auch ich ein guter Evolutionist. So hat selbstverständlich auch der Begriff "Zufall" bei der Gen-Verteilung im Sinne des Hardy-Weinberg-Gesetzes seinen festen Platz, nicht aber bei der Entstehung synorganisierter neuer Gen-Systeme.
2) Einem Millionen-Publikum wurde in letzter Zeit ein paarmal im Fernsehen ein "mathematischer Beweis" vorgeführt, bei dem tatsächlich alle entscheidenden Punkte, die es auf biologischer Ebene zu erklären bzw. wahrscheinlich zu machen gilt, ganz einfach als gegeben vorausgesetzt wurden. Verkauft wird die Geschichte unter dem klangvollen Namen "Evolutionsstrategie" (so auch der Titel des Buches von I. Rechenberg, Fromman-Verlag, Stgt 1973, 170 pp.). Es gibt in der Technik, speziell in der Strömungstechnik, eine Vielzahl von Problemen, die man allein mit mathematischen Methoden nicht oder noch nicht in den Griff bekommt. Was macht ein Ingenieur in solchen Fällen? Solange es technische Probleme in der Menschheitsgeschichte überhaupt gibt, werden vom Erfinder oder Ingenieur verschiedene Möglichkeiten "ausprobiert" und bei der Versuchsserie die besten Lösungen festgehalten ("Selektion"), um eine Sache bis zur optimalen Lösung weiterzuentwickeln. Das ist wohl so bekannt, dass man das nicht noch an Einzelbeispielen aus der sagen wir Radio- und Autotechnik etc. belegen muss. Voraussetzung sind immer die Techniker, variable Parameter (Größen) und als Ziel optimale Lösungen. Genau die eben zitierte Probiermethode mit mehreren Variablen wandten nun Prof. Wille und darauf vor allen I. Rechenberg und Mitarbeiter zunächst auf dem Gebiete der Strömungstechnik mit Erfolg an, jedoch mit dem Zusatz, dass anstelle des gezielten Herumprobierens das zufällige Herumprobieren trat. Hatte man doch bei den Neodarwinisten gelernt, dass die gesamte Organismenwelt allein durch Zufallsmutationen und Auslese entstanden sei. Dass man durch oft weitschweifiges, weil zufälliges, Herumprobieren auch zum Ziel kommen kann, wenn man nur das System variabler Parameter schon gezielt aufgebaut hat, müsste auch dem simpelsten Verstande einleuchten. Der Zufall ist damit auch schon kanalisiert und nicht mehr "ganz so zufällig". Weil nun ohne diese zweckmäßigen Voraussetzungen hier absolut nichts funktionieren und erreicht (optimiert) werden kann, müssen wir diese Voraussetzungen etwas näher unter die Lupe nehmen. Dazu einige Stichworte: Voraussetzungen für den "wohl einfachsten strömungstechnischen Test" (Nachtigall): Platte aus sechs Streifen, gelenkig miteinander verbunden, jedes Gelenk mit 51 Einraststufen, damit 515 verschiedene mögliche Winkel, Winkeleinstellung durch Zufallsmethode (Galtonbrett), dazu absolute Selektion, die kontrollierenden Forscher nicht zu vergessen; Ergebnis nach etwa 280 Einstellungsversuchen ("Mutationen"): nahezu strömungstechnisch optimale flache Gelenkplatte. Nun ist das Ganze mehr ein umständlicher Witz, weil ja jeder weiß, dass die parallel angeströmte ebene Fläche den geringsten Widerstand bietet. "Das Experiment wurde durchgeführt," begründet Rechenberg den Versuch (p. 27) "um zu prüfen, ob bei Anwendung der Evolutionsmethode diese Optimalform auch wirklich gefunden wird, und wenn ja, wie viele Schritte dafür benötigt werden." "Evolutionsmethode" steht hier für Zufallsentstellung der Flächenstreifen und das jeweilige Festhalten der strömungstechnisch besseren Einstellung ("Selektion"). Der erste Punkt der Begründung erinnert mich an G.B. Shaws Kritik an den "Epoche machenden Entdeckungen" der Darwinisten, etwa "daß ein Hund stirbt, wenn man ihm nichts mehr zu fressen gibt" und dergleichen. Ist doch klar, dass die Optimalform gefunden wird, wenn man die Einstellungen bei allen Streifen zufallsmäßig verändert, aber jede strömungsmäßig günstigere Stellung festhält und damit immer weiter verbessert. Nun aber zur Übertragung auf die Biologie: Woher kommt hier die "Gelenkplatte", der Insekten- oder Vogelflügel mit all seinen Gelenken und Einstellungsmöglichkeiten (variablen Parametern)? Das ist die entscheidende Frage, der wunde Punkt der ganzen Übertragung. Denn in dem hier zitierten Sinne optimieren kann man natürlich nur das, was bereits vorhanden ist! Derselbe Einwand trifft auf alle weiteren Beispiele Rechenbergs und Mitarbeiter zu: Optimierung eines 'Krümmers', Entwicklung einer rotationssymmetrischen Düsenform (Zweiphasen-Überschalldüse), eines optimalen Stabfachwerkes etc. Notwendigerweise vorausgesetzt und damit auf die Ursprungsfragen der Biologie nicht übertragbar: alle flexiblen Strömungskörper, Stellmotoren, Zahnstangen etc. - das ganze System variabler Parameter. Um es noch einmal hervorzuheben: Das System als solches muss schon vorhanden sein, wenn etwas optimiert werden soll. Die ganze Ausrüstung mitsamt dem Programm entsteht doch nicht "von selbst", setzt doch wohl einiges an Intelligenz und Planmäßigkeit voraus - erst darauf erfolgt die Optimierung mit zufallsmäßig verstellbaren Variablen (bei Rechenberg mit 100-prozentiger Selektion). Wenn man das irgendwie auf die Biologie übertragen will, sollte man das im wesentlichen auf die Neukombination der Erbfaktoren eines genauso schon vorhandenen biologischen Systems mit daran anschließender, wenn auch nicht 100-prozentiger, Selektion beschränken. Weitere Fehlleistungen bei der Übertragung auf Ursprungsfragen in der Biologie (Stichworte und Seitenangaben der vorliegenden Schrift, wo diese Fragen behandelt werden): Anfangszustände "unvollkommen" (vgl. pp. 33, 45-47, 50, 53-55, 57, 58); sämtliche positive Mutationen werden - sowohl für die Entstehung der Systeme als auch deren Optimierung - auf biologischer Ebene vorausgesetzt (Wahrscheinlichkeit solcher Mutationen vgl. pp. 17-19), dazu die absolute Wirksamkeit der Selektion (vgl. p. 58), wie ja überhaupt die ganze neodarwinistische Evolutionstheorie. Man muss nur die notwendigen positiven Schritte voraussetzen und schon kommt man nach dem "Korridormodell" auf die angenommenen 3,5 Milliarden Jahre der angenommenen Evolution. "Die Mutationsschrittweite Sopt ergibt sich aus der in der Natur beobachteten Mutationsrate, die wir als optimal voraussetzen" (Rechenberg, p. 142). Die Frage nach positiven Mutationen, "Supervitalfaktoren" (Hadorn/Wehner, vgl. 14 ff.) ist tatsächlich nicht mit der Mutationsrate gekoppelt. Seitdem Morgan 1910 bei Drosophila melanogaster das Wesen der geschlechtschromosomen-gebundenen Vererbung festgestellt und Muller 1927 die Mutagene Wirkung ionisierender Strahlen am selben Objekt einwandfrei nachgewiesen hatte, wurde diese Fliege in aller Welt für ausgedehnte Vererbungsexperimente verwendet: Tausende Generationen wurden in den verschiedenen Instituten gezüchtet, ebenso Tausende von Mutationen festgestellt - nur keine Evolution im Sinne von Höherentwicklung, nicht einmal solche Phänomene wie die Mimikry, die uns Rechenberg in 75 Generationen mit seiner "erweiterten Evolutionsstrategie" vormachen möchte (R.; pp. 78-86). Solche Beispiele gehen einfach an der biologischen Realität vorbei. Zurück zur technischen Seite: Wenn auch die Probiermethode mit mehreren Variablen bei der Lösung von Problemen auf verschiedenen Gebieten in der Menschheitsgeschichte prinzipiell weder neu noch originell ist, so bleibt es doch bei aller Kritik das Verdienst Rechenbergs und seiner Mitarbeiter, diese Methode in einer bisher fast ausschließlich mathematisierenden Fachrichtung konsequent auf ein Spezialgebiet angewandt zu haben, das bisher mathematischer Durchdringung nicht oder nur zum Teil zugänglich ist. Die Probiermethode hat eben da ihren Platz, wo wir mit unserer Kenntnis der Naturgesetze vorläufig am Ende sind und kann dort erfahrungsgemäß, wie ja die oben zitierten Beispiele - von der "Optimierung der Gelenkplatte" einmal abgesehen, zeigen, auch zu praktischen Ergebnissen führen. Auf der anderen Seite haben weder die strömungstechnischen Tests noch die "höheren Nachahmungsstufen" etwas zu tun mit der Entstehung des genetischen Codes samt Transkription und Translation, der Neubildung von Cistronen und Enzymen, von Operator- und Regulatorgenen, überhaupt biologischen Phänomenen - um willkürlich herausgegriffen einige weitere Gebiete zu nennen - wie etwa der Gallbildung, dem Generationswechsel, der Entstehung der verschiedenen Baupläne auf ihren verschiedenen Differenzierungsstufen (jede für sich und ihre Umwelt 'strömungstechnisch' vollkommen!) und last not least mit dem Ursprung der Synorganisation von Auge und Gehirn. Beim Auge z.B. sind nicht strömungstechnische, sondern optische Gesetzmäßigkeiten vorrangig. Die Frage nach der Entstehung des Wirbeltierauges erwähnt Rechenberg auf den Seiten 61 und 138 seines Buches, macht jedoch keinen Versuch, die angenommene Entwicklung in Einzelheiten zu begründen und sieht auch nicht das Koadaptationsproblem. Bei seinen Überlegungen geht R. von folgender unrichtiger Voraussetzung aus: "Das Tauglichkeitsfeld im Nukleotidraum ist annähernd glatt. Es gibt einen kontinuierlich ansteigenden Pfad vom kleinen über den mittleren zum großen Tauglichkeitswert" (R., p. 62). Vgl. dazu die Seite 19 unserer Schrift.
Falls Rechenberg und Mitarbeiter begründet anderer Meinung sind, lade ich sie ein, die Entstehung und Koordination von Auge und Gehirn Schritt für Schritt anhand biologischer Tatsachen in ihrem Sinne zu begründen.